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Buchvorstellung

“Die Weisheit des Pythagoras”

von Dr. Ekkirala Krishnamacharya

 

Lessons on the Yoga of Patanjali

Die pythagoreische Weisheit entfaltet sich durch Eingeweihte, die auf der Seelenebene leben. Sie kann nicht über den Intellekt in der Schule erlernt werden, sondern muss im täglichen Leben Anwendung finden. Dazu bedarf es einer festen Entschlossenheit. Meister EK gehört zu jenen Eingeweihten, die die zeitlose Wahrheit auf vielfältige Weise leben. Im Jahr 1983 gab er in Paris einer Gruppe von Wahrheitssuchenden einen Einblick in die Weisheit des Pythagoras. Daraus entstand acht Jahre später die englische Ausgabe dieses Buches.

Die Lehren in diesem Buch helfen dem Leser, die Einheit der zeitlosen Weisheit zu verstehen, die zu verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Orten auf immer neue Art ihren Ausdruck findet. Das Ziel ist die spirituelle Vereinigung von Ost und West. Ebenso gibt das Buch Aufschluss darüber, wie ein Eingeweihter sich der Weisheit nähert.

Inhalt: Vorwort; Aus dem Leben des Pythagoras; Die Lehren des Pythagoras; Die pythagoreischen Schlüssel; Die pythagoreischen Dreiecke; Die Tetraktys; Die pythagoreischen Zahlen und die Schöpfungszyklen; Der Herr der Zahlen und der Herr der Form; Kommentar zu den Aphorismen des Pythagoras; Die pythagoreische Gemeinschaft.

Edition Kulapati, Deutschland, 2003. ISBN: 978-3-930637-25-6
 

Leseprobe:

Kapitel 2: Die Lehren des Pythagoras

Wir wollen einige Aspekte von Pythagoras' Vision eingehender betrachten sowie seine besondere Art, der Wahrheit Ausdruck zu verleihen. Als erstes befassen wir uns mit seinen Lehren, die angenehm, humorvoll und gleichzeitig von außerordentlicher Tiefe sind.

1. Es ist die Pflicht jedes spirituellen Schülers, einen Narren in der Schöpfung zu beseitigen, bevor er stirbt, und dieser Narr ist er selbst. Ebenso sollte er dafür sorgen, dass es einen weisen Menschen mehr auf dieser Erde gibt, und auch das ist er selbst.

 Danach kann er tun, was er möchte. Dies ist das mindeste, was von einem spirituellen Schüler erwartet wird.


2. Wer nicht Herr über seine Zeit, seinen Verstand, seine Sinne, Gedanken und Vorstellungen ist, der ist Sklave eines jeden Geschöpfes auf dieser Welt.

Solange wir nicht Herr unserer Zeit sind, kann uns jeder Narr auf der Straße benutzen. Das meinte Pythagoras mit diesem Lehrsatz. Er enthält einiges, worüber wir nachdenken sollten. Zehn Jahre reichen kaum aus, um seine volle Bedeutung zu erfassen, weil alles davon abhängt, weiches Verständnis wir von unserer Zeit und Lebensspanne haben. Wir erkennen nicht die Bedeutung unserer Lebensspanne: wie unbedacht wir mit ihr umgehen, wie schnell sie vorbei ist und wie sie ungenutzt verstreicht. Solange wir uns dessen nicht bewusst sind, können wir diesen Satz nicht vollständig begreifen.

Viel Zeit verbringen wir ziellos. Abende- und nächtelang halten wir uns in unserem Verein auf. Die Kartenspieler bleiben dort sogar bis in die frühen Morgenstunden. Auf diese Weise vergeht das Wochenende, und was kommt dabei heraus? Pythagoras vertritt die Ansicht, dass Weisheit gleichbedeutend mit Zufriedenheit ist. Jede Tätigkeit, die uns nicht zufrieden macht, ist nur eine mechanische Handlung.

Der menschliche Körper unterliegt dem Alterungsprozess. Verlorene Zeit können wir nicht wieder einholen. Ist unsere Lebenszeit aufgebraucht, können wir keine Minute, keine Stunde und keinen Tag mehr zurückholen, um etwas Besseres damit anzufangen. Nur die verbleibende Zeit können wir noch nutzen, und jede Minute, die ungenutzt verstreicht, ist für immer verloren. Wenn wir Geld ausgeben, können wir neues Geld verdienen. Verlieren wir unseren Besitz, können wir ihn wiedergewinnen. Verpassen wir eine Gelegenheit, erhalten wir vielleicht eine neue. Ist jedoch die Zeit verstrichen, dann ist unser Leben zu Ende, und keine Uhr kann sie uns zurückbringen. Je mehr wir also versuchen, die Bedeutung des Lebens zu verstehen, desto ernster nehmen wir diesen Satz von Pythagoras.


3. Strebst du nach Erkenntnis, dann bist du auf dem Weg zu dir selbst. Dein Schatten folgt dir.

Wenn du in der Sonne unterwegs bist, geht dein Schatten mit dir. Ist dein Gesicht der Sonne zugewandt, dann ist der Schatten in deinem Rücken und folgt dir. Wendest du dich jedoch deinem Schatten zu, hast du die Sonne im Rücken und musst dem Schatten folgen, der vor dir herläuft. Der Schatten ist dein Körper und seine Bedürfnisse. So lehrt es Pythagoras.

Ich denke, dass wir ein ganzes Leben brauchen, um den Lehrsatz vollständig zu begreifen. Wir müssen uns diesen Gedanken ein Leben lang vergegenwärtigen, bevor wir seine ganze Bedeutung verstehen können. Der Körper besteht aus Fleisch und Blut, hat seine eigenen Wünsche und Gelüste, benötigt Essen und Trinken, verlangt nach Ruhe, Schlaf, Sex usw. Alle Wünsche, die über diese Bedürfnisse hinausgehen, sind völlig unangebracht. Beispielsweise benötigt der Körper Nahrung, aber es gibt auch ein Verlangen zu essen. Der Körper muss trinken, und er kann das Verlangen haben zu trinken. Es gibt ein Bedürfnis nach Schlaf und ein Verlangen nach Schlaf. Ebenso besteht die Notwendigkeit zu arbeiten, und es gibt ein Verlangen nach der Arbeit, die wir möchten. Auch Sexualität ist notwendig, und es gibt ein Verlangen nach Sexualität. Den Unterschied zwischen beidem sollten wir klar erkennen können.

Bedürfnisse haben ihre Berechtigung, Wünsche sind völlig unangemessen. Wenn wir unseren Bedürfnissen nachkommen, leben wir mit dem Gesicht zur Sonne. Die Sonne steht für den Geist, für das Licht, die Quelle der Erleuchtung, die ursprüngliche Quelle des Lichts in uns, weiches die Natur der Seele ist. Zusammen bilden Seele und Geist das Licht in uns. Das Gesicht der Sonne zuzuwenden bedeutet, im Gewahrsein der Seele und des Geistes zu leben. Dies wird auch als beständiges Gottesbewusstsein bezeichnet.

Wenn wir in unserem eigenen Gewahrsein leben, wenden wir uns der Sonne zu, sagt Pythagoras. Dann befinden sich die Wünsche und der Körper hinter uns. Wenn wir als Seele und Geist leben, wenn wir eins mit dem Geist sind, identifizieren wir uns nicht mehr mit dem Körper. Der Körper ist nur ein Schatten. Aber da er uns von der Natur gegeben wurde, um uns als Träger zu dienen, hat er ein paar Bedürfnisse, die wir erfüllen sollten. Alles, was darüber hinausgeht, ist Verlangen. Wenn wir ihm nachgeben, wenden wir uns dem Schatten zu. Von morgens bis abends versuchen wir, unserem Körper zu dienen. So pflegen wir zum Beispiel unsere Haut und die Haare mit Parfums und Kosmetik, achten sorgsam auf die Haut und putzen uns von Kopf bis Fuß heraus. Auf diese Weise sind wir rund um die Uhr beschäftigt und machen uns zu lebenslänglichen Dienern unserer Haare, Haut, Kleider und Schuhe. Das bedeutet, wir laufen unserem Schatten hinterher, und die Sonne steht in unserem Rücken.

Diese Erklärung deckt nur einen Teil der Aussage von Pythagoras ab. Jeder sollte über den Satz meditieren und noch mehr für sich herausfinden.


4. Möge jeder die Mittagsstunde erfahren. Nur zur Mittagszeit wirfst du keinen Schatten, weder vor dir noch hinter dir.

Pythagoras sagt: "Mögest du die Mittagsstunde erfahren", und erklärt anschließend, was damit gemeint ist. Wenn die Sonne senkrecht über dem Kopf steht, wird dies die Stunde der Einweihung oder 'die Zeit der hohen Zwölf' genannt. Pythagoras benutzte zwei eigenartige Begriffe: 'hohe Zwölf' und 'niedere Zwölf'. Wenn wir auf der Erde stehen und die Sonne sich genau über dem Kopf befindet, bezeichnet er dies als 'hohe Zwölf', und das ist die Mittagsstunde. Wenn sich die Sonne unterhalb unserer Füße, also auf der anderen Seite der Erdkugel befindet, wird dies 'niedere Zwölf' oder 'Null-Zeit' genannt.

Es gibt noch zwei weitere Punkte: den Osten, wo die Sonne aufgeht, und den Westen, wo die Sonne untergeht.

Insgesamt sind dies die vier Kardinalpunkte des Tages. Selbst bei der 'hohen Zwölf' lässt sich die Schattenbildung nur vermeiden, wenn wir aufrecht stehen. Das heißt, solange wir geistig und moralisch nicht aufrecht sind, existiert der Schatten. Wir sprechen von einer aufrechten Lebensweise, und Pythagoras prägte dafür den Begriff der Vertikalen.

Die Vertikalen stehen für eine aufrechte Natur, das heißt, für Aufrichtigkeit im Denken, Sprechen und Handeln. Wenn wir zum Beispiel jemanden sympathisch finden, sollten wir ihm sagen: "Du bist mir sympathisch." Finden wir jemanden unsympathisch, sollten wir es ihm ebenso direkt sagen. Aber wir sollten mit niemandem über eine dritte Person sprechen und sagen, dass wir sie nicht mögen. Sprecht statt dessen direkt mit jener Person. Wenn wir uns in Abwesenheit des anderen negativ über ihn äußern, entspricht das nicht der aufrichtigen Natur oder der vertikalen Lebensart. Die Vertikalen stehen für persönliche Tugenden und Selbstdisziplin.

Die Horizontalen definierte Pythagoras auch als Symbol sozialer Tugenden oder als unser Sozialverhalten gegenüber der Gesellschaft. Beispiele für soziale oder horizontale Tugenden sind Mitgefühl, Liebe und Toleranz. Sie werden für das Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft gebraucht. Die Vertikalen bezeichnete er auch als Lot und die Horizontalen als Wasserwaage. Bei den Freimaurern sind dies ebenfalls 'die Werkzeuge'. Die Praxis in den Logen sieht jedoch so aus, dass man einmal im Monat für eine Stunde über diese Symbole spricht. Aber solange man das Lot, die Vertikale, und die Wasserwaage, die Horizontale, nicht im täglichen Leben anwendet, kann man sich nicht als Freimaurer oder Erbauer bezeichnen.

Wenn wir über Symbole nur sprechen, ohne sie praktisch anzuwenden, sind sie eine Farce. Wer diese Symbole in seinem Leben in die Tat umsetzt, gehört zu jenen Menschen, die die Gesellschaft aufbauen und nichts für sich beanspruchen. Als Pythagoras diese als Werkzeuge der Freimaurerei bezeichnete, bezog er sich auf die praktischen, nicht auf die theoretischen Freimaurer. In einer Freimaurerloge ist man stolz darauf, theoretische und nicht praktische Freimaurer zu sein. Doch solange wir keine praktischen Freimaurer sind und diese Tugenden im Alltag nicht anwenden, sind wir nutzlos wie Staub. Wenn wir jahrelang einer ritualistischen Gesellschaft angehören und das Ritual nur in der Ritualhalle statt im Leben beobachten, sind wir theoretische Freimaurer und infolgedessen vollkommen nutzlos, weil wir keinen Tempel auf der feststofflichen Ebene erbauen.
 

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